Was ist eigentlich ein Coaching für Menschen mit MS
Coaching für Menschen mit Multiple Sklerose
Mein Name ist Julia Hautz, ich bin promovierte Neurobiologin und ausgebildete Coachin und ich habe Multiple Sklerose. Bei meiner Arbeit als Coachin habe ich zuerst mit dem Fokus auf berufliche Neuorientierung gearbeitet und dabei festgestellt, dass Menschen mit Multipler Sklerose, die ihren Weg zu meinem Berufscoaching fanden, häufig noch ganz anderen Unterstützungsbedarf hatten. Mittlerweile arbeite ich überwiegend mit an Multipler Sklerose erkrankten Menschen im Rahmen eines Multiple Sklerose-Coachings. Meine Überzeugung:
Leb dein bestes Leben – jetzt erst recht.💪🎗
In diesem Artikel soll es vor allem um die Erkrankung im Allgemeinen und das Leben mit ihr (und nicht gegen sie) gehen. Wenn du Fragen haben solltest oder gerne mehr über meinen persönlichen Weg mit der Diagnose Multiple Sklerose und mein Coaching-Angebot erfahren möchtest, kannst du natürlich gerne auf meiner Seite vorbeischauen.
Was genau ist Multiple Sklerose eigentlich?
Multiple Sklerose (kurz MS) ist eine chronische entzündliche neurologische Erkrankung, die das zentrale Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) betrifft, nicht ansteckend und derzeit nicht heilbar ist. Auslöser der Entzündungen ist übrigens eine Fehlfunktion des Immunsystems, daher zählt MS zu den sogenannten Autoimmunerkrankungen. Warum sich eine MS entwickelt, ist derzeit noch nicht hinreichend geklärt. Es gibt aber Hinweise darauf, dass ein fehlgeleitetes Immunsystem, Infektionen, Umwelteinflüsse und genetische Faktoren die Entstehung der Krankheit begünstigen.
Welche Symptome gibt es bei MS?
Die Symptome bei MS entstehen durch Schädigungen der Nervenisolierschicht (Demyelinisierung) und den Abbau von Nervenfasern und -zellen. Da diese Schädigungen in ganz verschiedenen Bereichen des zentralen Nervensystems auftreten können, sind die Symptome super vielfältig. MS wird aus diesem Grund auch die Krankheit mit den 1000 Gesichtern genannt. Vielleicht bist du diesem Wording schon einmal begegnet.
Die Folge der Entzündungen im Gehirn und/oder Rückenmark sind, dass Befehle von unseren Nervenzellen an Muskeln und Orange nur verlangsamt oder auch gar nicht mehr weitergeleitet werden. Wie schon gesagt, jede:r hat seine individuelle Symptomatik, daher die 1000 Gesichter, aber es gibt trotzdem Symptome, die häufiger auftreten. Dazu gehören z. B. Bewegungsstörungen, Missempfindungen wie Kribbeln und Taubheitsgefühle, Sehstörungen, Fatigue (extreme Erschöpfbarkeit), Konzentrationsstörungen und viele mehr.
Bei MS sind derzeit 3 verschiedene Verlaufsformen bekannt
Die Schubförmige und remittierende Multiple Sklerose (RRMS)
Diese Form ist die häufigste und verläuft, wie der Name schon sagt, in Schüben. Die Entzündungen sind nämlich nicht dauerhaft vorhanden, sondern in Phasen. Neue Beschwerden können dazu kommen oder bestehende Symptome können sich verstärken. In der schubfreien Zeit gibt es keine Verschlechterung des Gesundheitszustandes.
Die Sekundär chronisch progrediente Multiple Sklerose (SPMS)
Bei dieser Verlaufsform geht die schubförmige und remittierende Multiple Sklerose in einen chronischen Verlauf über. Die Schübe reduzieren sich dabei, aber es gibt zunehmende Symptome. Ein Stillstand dieser Verlaufsform ist auch möglich.
Die Primär chronisch progrediente Multiple Sklerose (PPMS)
Diese Verlaufsform ist die seltenste und hat die Auffälligkeit, dass sich das Krankheitsbild von Beginn an kontinuierlich verschlechtert. Häufig läuft das Ganze ohne Schübe ab.
Kann MS behandelt werden?
Wie schon gesagt: MS ist derzeit nicht heilbar. Aber MS ist therapierbar und dabei spielen drei Säulen eine große Rolle:
- Die Milderung akuter Entzündungsschübe (Schubtherapie)
- Eingriffe in das Immunsystem, um neuen Schüben vorzubeugen (verlaufsmodifizierende Therapie)
- Die direkte Behandlung der jeweiligen MS-Symptome (symptomatische Therapie)
Was den Verlauf ebenfalls positiv beeinflussen kann, ist z. B. die Reduktion von negativem Stress. Außerdem zeigen jede Menge Studien: durch regelmäßigen Sport können diverse Symptome wie Fatigue, Depression und Gang- bzw. Gleichgewichtsstörungen verringert werden (hierzu gibt es z. B. auf https://spoks-ms.de/ ausführliche Infos und Übungen). Gleichzeitig kann neben der körperlichen auch die geistige Leistungsfähigkeit durch regelmäßige sportliche Aktivität trainiert und gesteigert werden. Dadurch erleben MSler:innen wieder viel mehr Selbstbestimmtheit im Alltag und eine ganz andere – nämlich bessere – Lebensqualität.
Wen betrifft MS?
In Deutschland leben derzeit mehr als 240.000 Menschen mit MS, wovon ca. 75 % Frauen sind. Weltweit gibt es nach Schätzungen etwa 2,5 Millionen MSler:innen – Tendenz steigend. Die MS-Diagnose wird vor allem jüngeren Menschen im Alter zwischen 20 und 40 Jahren gestellt – einem Alter, in dem die berufliche Entwicklung oft erst richtig Fahrt aufnimmt, die Familienplanung eine wichtige Rolle spielen kann und viele Träume verwirklicht werden wollen.
Was Multiple Sklerose-Coaching nicht leistet
Ganz wichtig ist mir, eines vorwegzustellen: Das Multiple Sklerose-Coaching hat nicht die Absicht, eine Erkrankung zu diagnostizieren oder medizinisches Fachpersonal zu ersetzen. Um eine vollumfängliche und angemessene Beratung für eine Erkrankung und Antworten auf medizinische Fragen zu erhalten, sollte eine:n Mediziner:in konsultiert werden. Damit ist klar, was Multiple Sklerose-Coaching nicht ist bzw. nicht leistet.
Wobei kann ein Multiple Sklerose-Coaching helfen?
Wenn du eine Diagnose wie MS bekommst, dann zieht dir das im ersten Moment den Boden unter den Füßen weg. Multiple Sklerose ist eine schwerwiegende und lebensverändernde Erkrankung, das steht außer Frage. Es entsteht nach der Diagnose oft das Gefühl, dass alle bisherigen Lebenspläne für immer zerschlagen seien. Dort, wo vor der Diagnose Träume gedacht wurden, breiten sich stattdessen Ängste und Unsicherheiten aus. Im Multiple Sklerose-Coaching unterstütze ich die Coachees dabei, die neue, ungefragt ins Leben getretene Situation zu akzeptieren und herauszufinden, was ihre jetzigen Bedürfnisse und Ziele sind, um sich das Steuer ihres Lebens wieder zurückzuholen. Zukunftsplanung soll und kann auch mit MS wieder Freude machen. Das gelingt z. B., wenn man lernt, dass man mit und nicht trotz MS ein glückliches Leben haben kann und auch darf. Dieses Dürfen ist übrigens ein spannender Punkt, denn manche:r trägt die – teilweise unbewusste – Überzeugung in sich, dass eine chronisch kranke Person nicht glücklich sein darf. Das aber nur am Rande dieses Artikels.😉
Eine Kombination, die ich optimal einsetze
Mir liegt das MS-Coaching besonders am Herzen, weil ich aus eigener Erfahrung weiß, dass die MS immer wieder eine Herausforderung sein kann und dass negative Gedanken sich toxisch auf MS-Symptome auswirken. Ich weiß gleichzeitig auch, dass diese Herausforderung sich individuell meistern lässt. Die Stärke des von mir angebotenen Multiple Sklerose-Coachings liegt in der Kombination aus meinem persönlichen Erleben der Erkrankung als MSlerin und meinem fachlichen Wissen und Können. Ich kann mich einerseits in die Situation der MS-Coachees einfühlen, sie nachempfinden, und durch mein Studium verstehe ich andererseits die pathologischen Vorgänge bei MS sowie die Hintergründe medizinischer Aspekte. Gleichzeitig kann ich durch die Fortbildung zur psychologischen Beraterin und Personal Coachin Menschen in schwierigen Lebenssituationen mit passenden Methoden unterstützen.
Positiv denken mit MS – geht das?
Klar, man hat wohl eher nicht direkt nach einer MS-Diagnose den Gedanken: “Hey, daraus kann ich bestimmt auch Positives für mich rausziehen!“
Bei mir war es so, dass ich nach der Verarbeitung des ersten Schocks und der Akzeptanz meiner Situation erkannte, dass ich meine Route jetzt neu planen sollte, was mir gleichzeitig neue – vor der Diagnose undenkbare – Möglichkeiten eröffnete. Und die habe ich genutzt: das, was mir nicht guttut, habe ich aus meinem Leben nach und nach entfernt, das, was mir guttut, erlaube ich mir jetzt viel häufiger.
Mein Fazit: Man kann einen positiven Umgang mit der MS lernen, und auch, für sich selbst gut zu sorgen – mit sich wohlwollend und wertschätzend umzugehen. Und jede:r Betroffene ist weiterhin ein wertvoller Mensch – das hört nicht aufgrund einer chronischen Erkrankung auf.
Zum Schluss wiederhole ich mit den besten Wünschen für dich gerne meinen persönlichen Leitsatz:
Leb dein bestes Leben. Jetzt erst recht.😉🙌
Ich danke Julia für diesen interessanten Artikel.
Hallo Julia!
Alles, was du schreibst, lässt sich grundsätzlich auf alle chronischen Erkrankungen, welche zu einer massiven Einschränkung im Leben führen, übertragen. Ich selbst leide an einer (noch selteneren) neurologischen Erkrankung, welche ähnliche Symptome wie eine MS hervorrufen kann. Von daher ist alles, was du schreibst, auch für mich relevant!
Ich verstehe deinen Ansatz, dass man sich mit der neuen Situation abfinden muss und positiv in die Zukunft schauen kann. Ich denke auch, dass jeder, der so massive Einschnitte wie z.B. eine Erwerbsunfähigkeit erlebt, psychologische Betreuung in Anspruch nehmen sollte. Allein das Reden mit einer neutralen Person hilft bei der Bewältigung des Geschehenen. Ich glaube allerdings, dass es immer Phasen geben wird, in denen man nicht positiv eingestellt ist, in denen man die Welt hasst, die Umstände, die zu der Erkrankung geführt haben oder man einfach mit dem ach so tollen Schicksal hadert. Ich denke, dass das auch wichtig ist. Das Leben mit einer Behinderung ist nicht „Friede, Freude, Eierkuchen“. Und ich denke, dass man diese Gefühle zulassen muss, um gestärkt daraus hervorzugehen und um wieder eine Phase des positiven Denkens einzuleiten.
Liebe Grüße,
Flip